Natürliche Hilfsstoffe als Alternative im Tablettierungs- & Kapselbefüllungsprozess

Natürliche Hilfsstoffe als Alternative im Tablettierungs- und Kapselfüllungsprozess

Eine große Anzahl von Nahrungsergänzungsmitteln ist in Form von festen oralen Darreichungsformen verfügbar. Vitamin- und Mineralstoffpräparate können leicht durch Nassgranulation oder Direktverpressung zu Tabletten gepresst werden, jedoch erfordern solche Formulierungen gute Bindemittel. Übliche Bindemittel in Tablettenformulierungen sind zellulosehaltige Materialien, wie Hydroxypropylcellulose (HPC) oder mikrokristalline Cellulose (MCC), oder synthetische Polymere, wie Polyvinylpyrrolidon (PVP). Für ökologisch orientierte Verbraucher klingen diese Hilfsstoffe jedoch zu synthetisch und unnatürlich.

Der Trend zu Bio-Lebensmitteln ist schon seit einigen Jahren zu beobachten, da die Verbraucher ein größeres Bewusstsein für Bio-Produkte entwickeln [1]. Auch Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln stellen langsam auf Bio-Rezepturen um, da die Verbraucher zunehmend auf chemische oder synthetische Inhaltsstoffe verzichten wollen. Daher stehen die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln zunehmend unter Druck, traditionelle Bindemittel durch natürlicher klingende Inhaltsstoffe zu ersetzen.

Die gleiche Herausforderung gilt für Füllstoffe, Fließmittel, Gleitmittel, Sprengmittel und Pigmente, einschließlich Magnesiumstearat, Stearinsäure, Kieselsäure und synthetische Farbstoffe. Dieser Schritt hin zu natürlicheren Inhaltsstoffen ist Teil der so genannten „Clean Label“-Bewegung, die Wert auf die nachhaltige Rohstoffe legt.

Auch Pharmahersteller beginnen mehr natürliche Inhaltsstoffe als Hilfsstoffe einzusetzen, da diese zunehmend verfügbar, relativ kostengünstig, weniger toxisch und nebenwirkungsarm sind. Es ist davon auszugehen, dass die Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe in Arzneimitteln in den kommenden Jahren zusammen mit der Verbrauchernachfrage zunehmen wird. Es wird auch erwartet, dass sich bei der alternden Bevölkerung in den Industrieländern die zukünftige Rate an chronischen Krankheiten erhöht und so die Nachfrage nach Arzneimitteln anregt. Gleichzeitig suchen die Verbraucher nach natürlichen Produkten, um ihr allgemeines Wohlbefinden zu verbessern und Krankheiten vorzubeugen [2].


Durch eine enge Zusammenarbeit mit ihren Rohstofflieferanten können Tablettenhersteller eine Formulierung erfolgreich von synthetischen auf natürliche/biologische Inhaltsstoffe umstellen.


Synthetische Bindemittel ersetzen

Bindemittel verleihen losen Partikeln oder Granulaten in einer Tablettenformulierung Zusammenhalt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Tablette nach der Kompression intakt bleibt. Um herkömmliche Bindemittel wie HPC, MCC und PVP zu ersetzen, muss ein natürliches Bindemittel in der Lage sein, der Tablette die gleiche mechanische Festigkeit und die gleichen Freisetzungseigenschaften zu verleiten. Tabelle 1 zeigt einige Stärken, Gummis, Schleime und getrocknete Früchte, die neben ihrer Bindekapazität auch andere Eigenschaften wie Füllstoff- und Zerfallseigenschaften aufweisen und als Alternative zu synthetischen Bindemitteln verwendet werden könnten.

Durch eine enge Zusammenarbeit mit Rohstofflieferanten können Tablettenhersteller eine Rezeptur erfolgreich von einem synthetischen Bindemittel auf natürliche oder biologische Inhaltsstoffe umstellen. Ein natürlicher Inhaltsstoff kann jedoch nicht 1:1 einen synthetischen Inhaltsstoff ersetzen. In der Regel muss der Anwender mehrere natürliche Rohstoffe in unterschiedlichen Konzentrationen zu einer Rezeptur hinzufügen, um die gewünschten Bindeeigenschaften zu erreichen. Kundenspezifische Vormischungen aus verschiedenen natürlichen Rohstoffen können dagegen die Entwicklung, das Handling und den Herstellungsprozess vereinfachen.

Natürliche Sprengmittel

Zerfall-/Sprengmittel sind Substanzen oder Mischungen von Substanzen, die Entwickler einer Formulierung hinzufügen, um die Dispersion oder das Aufbrechen von Tabletten und Kapseln in kleinere Partikel zu beschleunigen. Beliebte synthetische Supersprengmittel sind z. B. vernetztes PVP, MCC, Croscarmellose-Natrium und Natriumstärkeglykolat, allesamt chemisch klingende Namen, die für Clean-Label-Produkte ungeeignet sind.

Natürlicher klingende Rohstoffe, die als Sprengmittel wirken können, sind: Ispaghula-Schleim oder Flohsamenschalen, Kresse, Karayagummi, Bockshornkleesamen und Johannisbrotkernmehl, Chitin und Chitosan, Gellan, Agar, Alginate, Haferfasern, Xanthan, Cucurbita-Maxima-Pulpepulver, Hibiscus rosa-sinensis Linn und Mangoschalenpektin.

Wie bei den trockenen Bindemitteln ist ein 1:1-Zerfallmittelersatz in den meisten Fällen nicht möglich. Ein pulverförmiges Trockenbindemittel auf Basis natürlicher und biozertifizierter Inhaltsstoffe (z. B. CompactCel® DIS von BIOGRUND) kann synthetische Sprengmittel in Tabletten-, Kapsel- und Granulatformulierungen ersetzen. Es ermöglicht das für eine schnell freisetzende Wirkstofftablette erforderliche schnelle Auflösen bei Kontakt mit Feuchtigkeit.

Vom Öl zum Pulver zu Kapseln – auf natürliche Weise

Hersteller suchen zunehmend nach natürlichen Quellen für Vitamine, Probiotika, Omega-3-6-9-Fettsäuren, Antioxidantien, Aminosäuren und Hanf, um ihre natürlichen Ergänzungsprodukte zu produzieren. Diese Nährstoffe kommen oft in Form eines Öls oder öligen Pulvers vor. Bei öligen Pulvern kann die Mikroverkapselung von Vorteil sein, insbesondere wenn das ölige Pulver anschließend in Hartkapseln gefüllt wird, was eine präzise Dosierung der Inhaltsstoffe oder Nährstoffe ermöglicht. Geschmacks- und Geruchsmaskierung kann unangenehme Geschmäcker und Gerüche die mit bestimmten Nährstoffen verbunden sind minimieren. Der Schutz vor Feuchtigkeit, Säuren, Hitze und Sauerstoff ist ebenfalls entscheidend, da dies die Stabilität, Bioverfügbarkeit und Abgabe aufrecht erhält. Das Pulver muss außerdem leicht zu handhaben und freifließend sein.

In der folgenden Studie wurde die Möglichkeit untersucht, ölhaltige Substanzen in ein Pulver zur Verkapselung einzubringen, wobei nur natürliche Inhaltsstoffe verwendet wurden. In der Studie wurden die folgenden drei Anwendungen mit Sonnenblumenöl als Öl-Ersatz simuliert:

1) 20 Milligramm Hanf in einer Kapsel der Größe 0;

2) 22,5 internationale Einheiten (IU) Vitamin E und ungefähr 15 Milligramm Vitamin D3 in einer Kapsel der Größe 1; und

3) 30 Millionen koloniebildende Einheiten (CFU) von Probiotika in einer Kapsel der Größe 0 unter Verwendung von Öl, um die Probiotika stabiler zu machen.

Vom Öl zum Pulver zu den Kapseln – der natürliche Weg

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Materialien und Methoden

Zur Einarbeitung des Sonnenblumenöls in das Pulver wurde das Öl mit einem natürlichen und biologischen, vorgemischten, feuchtigkeitsabsorbierenden Trockenbindemittel (CompactCel® MAB, Biogrund) mit einem Schnellmischer im Verhältnis 1:3 Öl zu Pulver vermischt. Das Öl wurde dem Bindemittel nach und nach zugegeben, um eine homogene Verteilung zu gewährleisten und Verklumpungen zu vermeiden.

Mit dem öligen Pulver wurden drei verschiedene Versuche mit zwei unterschiedlichen Formulierungen durchgeführt (Tabellen 2 und 4). Für den Verkapselungsprozess wurde eine Syntegon (ehemals Bosch) GKF 705 mit unterschiedlichen Stempelhöhen, Füllhöhen und Maschinendrehzahlen (U/min) verwendet (Tabellen 3 und 5). Wie die Ergebnisse zeigen, ist die richtige Drehzahl, Stempelhöhe und Rezeptur entscheidend für die Verkapselung einer Öl-Pulver-Mischung in Hartkapseln.

Ergebnisse und Diskussion

Wie bereits erwähnt, dienten drei Anwendungen als Grundlage für die Simulation (Tabelle 6). In der Nutraceutical-Industrie ist eine relative Standardabweichung (RSD) unter 5 Prozent der gefüllten Kapseln akzeptabel. Die Ergebnisse von Kapselsatz 1 (Verhältnis 1:1) zeigten eine RSD von 3,75 Prozent. Dies zeigt, dass für die Rezeptur 1 mit der richtigen Kombination von Prozessparametern ein guter Pulverfluss und gleichmäßig gefüllte Kapseln erreicht werden konnten.

Bild 1: Die untersuchten Formulierungen wurden mit einem Syntegon GKF 705 Kapselfüller verkapselt.

In der pharmazeutischen Industrie ist eine RSD unter 3 Prozent der gefüllten Kapseln akzeptabel. Die Ergebnisse von Kapselsatz 2 (Verhältnis 1:2) zeigten eine RSD von 2,23 Prozent. Dies zeigt, dass für die Rezeptur 2 mit der richtigen Kombination von Prozessparametern ein guter Pulverfluss und gleichmäßig gefüllte Kapseln erreicht werden konnten.

Wie diese Ergebnisse zeigen, kann die natürliche Pulvermischung CompactCel® MAB 12,5 (Satz 1) und 9,5 (Satz 2) Prozent Öl aufnehmen und in Hartkapseln gefüllt werden. Diese Prozentsätze sind deutlich höher als die angenommenen Prozentsätze für die simulierten Anwendungen (6 Prozent für Hanf, 4 Prozent für Vitamin E und 6 Prozent für Probiotika).

Vergleicht man diese Ergebnisse mit den zugrundeliegenden Anwendungen, wird deutlich, dass das Abfüllen einer Öl-Pulver-Mischung in Hartkapseln ein einfacher Prozess und eine praktikable Alternative zu flüssig gefüllten Kapseln, Weichgelen oder reinem Öl ist. Immer unter der Vorraussetzung, dass für den Prozess die richtigen Geräte, Parameter und Inhaltsstoffe verwendet werden.

Für jeden synthetischen Füllstoff, jedes Bindemittel, Fließmittel, Gleitmittel und Sprengmittel, die üblicherweise zur Formulierung fester oraler Darreichungsformen verwendet werden, gibt es einen natürlichen Ersatz. Wie bereits erwähnt, ist jedoch ein 1:1-Ersatz in der Formulierung nicht immer ausreichend, um die Funktionalität des synthetischen Hilfsstoffs zu 100 Prozent zu ersetzen.

Referenzen

1. Umfragedaten von der Organic Trade Association, ota.com/organic-market-overview/organic-industry-survey.

2. CBI-Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, www.cbi.eu/market-information/natural-ingredients-health-products/what-demand.

Rüdiger Dartsch (rdartsch@biogrund.com) ist Marketingleiter bei Biogrund (502 901 2980, www.biogrund.com). Das Unternehmen stellt Hilfsstoff-Premixe her, die für den weltweiten Pharma- und Nahrungsergänzungsmarkt kundenspezifisch und gebrauchsfertig für Folienbeschichtung, Tablettierung und Einfärbung sind. Biogrund ist Teil der Clean Label Alliance, die Marken und Hersteller dabei unterstützt, die sich ändernden Anforderungen im Nutraceutical-Markt zu verstehen und darauf zu reagieren.

Erschienen in der Zeitschrift Tablets & Capsules vom Oktober 2020.

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